Was lernt man in Österreich während der Ausbildung zum Plastischen Chirurgen?

Die Plastische Chirurgie weist den umfangreichsten Operationskatalog aller chirurgischen Fächer auf. Die Facharztausbildung beinhaltet folgende Teilgebiete:

  1. Rekonstruktive Chirurgie
  2. Mikrochirurgie
  3. Handchirurgie
  4. Chirurgie der peripheren Nerven
  5. Verbrennungschirurgie (-behandlung)
  6. Ästhetische Chirurgie
  1. Rekonstruktive Chirurgie
    Die Rekonstruktive Chirurgie behandelt u. a. Gewebedefekte, die durch Verletzungen oder Operationen entstanden sind. Typische Beispiele sind Unterschenkelbrüche nach Motorradunfällen, bei welchen Haut und Muskel verloren gehen und der Knochen freiliegt, oder Brustkrebs, wenn die erkrankte Brust entfernt werden muss. In beiden Fällen „rekonstruiert“ der Plastische Chirurg, in dem er von einer anderen Körperregion Gewebe entnimmt und damit den Substanzdefekt deckt (Lappenplastik).
  2. Mikrochirurgie
    Wenn der Eingriff die Zuhilfenahme eines Operations-Mikroskops erfordert, spricht man von Mikrochirurgie. Sie wird in der Plastischen Chirurgie u. a. bei der Naht von durchtrennten Nerven oder Gefäßen mit kleinem Durchmesser eingesetzt, wie beispielsweise beim Wiederannähen eines abgetrennten Fingers. Der Durchmesser des Nahtmaterials beträgt etwa ein hundertstel Millimeter (0,01 mm). Zur Erlernung der dafür notwendigen Fingerfertigkeit wird monatelang an Ratten geübt.
  3. Handchirurgie
    Die Handchirurgie umfasst alle Operationen an der Hand. Dazu gehören Korrekturen von angeborenen Missbildungen, Wiederherstellung von Gelenken, Versorgung von Verletzungen, aber auch die Behebung von Engpasssyndromen (Carpaltunnelsyndrom – CTS, Loge de Guyon), Dupuytren’sche Kontraktur, Trigger Finger u. v. m.
  4. Chirurgie der peripheren Nerven
    Dieses Teilgebiet der Plastischen Chirurgie ist Prof. Hanno Millesi zu verdanken, der im Übrigen zum heutigen Zeitpunkt noch immer aktiv ist und die Nervenchirurgie zu seinem Lebenswerk gemacht hat. Die Chirurgie der peripheren Nerven betrifft alle Nerven, die außerhalb des Schädels und des Rückenmarks liegen.
  5. Verbrennungschirurgie (-behandlung)
    Der Plastische Chirurg übernimmt die Erstbehandlung, die Intensivtherapie und alle notwendigen Folgeeingriffe. Zunächst wird die verbrannte Haut entfernt und durch Spalthaut oder labortechnisch gezüchteter Eigenhaut ersetzt. Nach Abheilung übernimmt der Plastische Chirurg die Korrektur bewegungseinschränkender und unschöner Narben.
  6. Ästhetische Chirurgie
    Die Ästhetische Chirurgie umfasst alle Operationen, die der Verbesserung des Aussehens dienen. Diesem Teilgebiet der Plastischen Chirurgie ist die Buchreihe „Der Turkof“ – Enzyklopaedia Aesthetica gewidmet.

Sind Plastische Chirurgen Alleskönner?

Natürlich kann ein Plastischer Chirurg unmöglich alle Teilgebiete seines Faches (Rekonstruktive Chirurgie, Mikrochirurgie, Handchirurgie, Chirurgie der peripheren Nerven, Verbrennungschirurgie (-behandlung), Ästhetische Chirurgie) perfekt beherrschen.

Plastische Chirurgen erhalten während ihrer Ausbildung eine solide Basis aller Teilgebiete und werden dadurch mit dem notwendigen Rüstzeug ausgestattet, um bei allen plastisch-chirurgischen Problemstellungen zu entscheiden, ob sie selbst eingreifen können oder einen besser spezialisierten Kollegen hinzuziehen.

Im Teilgebiet „Ästhetische Chirurgie“, die alle Operationen umfasst, die der Verbesserung des Aussehens dienen, besteht während der ästhetisch-chirurgischen Ausbildung oft Patientenmangel. Die Krankenkassen übernehmen äußerst selten die Kosten ästhetisch-chirurgischer Eingriffe, weshalb in den Ausbildungsspitälern grundsätzlich zu wenige ästhetisch-chirurgische Eingriffe durchgeführt werden können. Dennoch ist es die Facharztausbildung zum Plastischen Chirurgen die einzige, in welcher die Gesamtheit aller ästhetisch-chirurgischen Eingriffe integraler Bestandteil des Ausbildungskataloges ist.

Wer nun besonderes Interesse an der ästhetischen Chirurgie hat, bemüht sich und bildet sich in nationalen und internationalen Kursen weiter. Gelegenheit dazu gibt es zur Genüge: Die Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie veranstaltet zur Qualitätssicherung unserer Berufsgruppe regelmäßig Kurse. Hier wird sichergestellt, dass lediglich Mitglieder unserer Berufsgruppe teilnehmen dürfen.